das Summer Camp

08.05.2019

Tiefe Augenringe, Schlafmangel und absolut urlaubsreif endet das Summer Camp nach drei Wochen im Mädchenprojekt in Hayath Nagar. Die Zeit war sehr intensiv und hat uns viel Energie gekostet. Wir haben versucht das Bestmögliche herauszuholen und den Kindern so viele coole Dinge zu bieten wie nur irgendwie möglich. So kam es auch dazu, dass wir täglich um 5:15 Uhr aufgestanden sind und meist erst um 24:00 ins Bett gefallen sind. Zeit für private Angelegenheiten, Blog schreiben, mal Lesen oder musizieren blieb uns kaum - das holen wir jetzt nach dem Summer Camp nach.

ein Sprungfoto beim Treasure Hunt
ein Sprungfoto beim Treasure Hunt

Doch nun einmal ganz von vorne: Das Summer Camp hätte ursprünglich am 16.04. beginnen sollen. Geplant waren eine Rede vom Direktor und das Entzünden einer Kerze. Die Mädchen haben das gesamte Projekt geputzt, sich ihre schönsten Kleider angezogen, ihre Haare geflochten und sich geschminkt. Dann wurde gewartet - doch die Eröffnung sollte einfach nicht an diesem Tage stattfinden. Auch am nächsten Tag sah es so aus, als würde das Summer Camp nicht starten. Ziemlich überraschend erschien der Direktor dann so gegen 17:00. Alle erwarteten sich eine große Rede und etwas Tamtam, aber aus irgendeinem Grund fand keine wirkliche Eröffnungsfeier statt. Am darauffolgenden Tag kam dann unerwartet noch der Zahnarzt vorbei und machte bei allen Kindern eine Routineuntersuchung. Leider verging auch hier fast ein ganzer Tag. Nicht nur wir, sondern auch die Kinder freuten sich schon richtig, wenn am Tag darauf endlich Spiel, Spaß und Unterricht beginnen würden. 

Mit einigen Tagen Verspätung begann das Summer Camp also am Freitag den 19. April.

Unsere allererste English Class zu unterrichten machte mich schon etwas nervös. Natürlich hatte ich mich zuvor mit Sophie gut vorbereitet, dennoch war es für mich eine völlig neue Erfahrung und ich war echt gespannt, wie ich mich wohl in den nächsten Wochen so schlagen würde.

kleine Osternesterl für die Mädls
kleine Osternesterl für die Mädls
Eis als Schatz beim Treasure Hunt
Eis als Schatz beim Treasure Hunt

Was habe ich so den gesamten Tag gemacht?

Unser Tagesablauf sah also wie folgt aus:
Aufgestanden sind wir meist so gegen 5:15 Uhr um die English Classes vorzubereiten. Problematisch hierbei war, dass die Niveaus im Unterricht so verschieden waren, dass ein einigermaßen einheitlicher Unterricht nicht möglich war. Angefangen von "ich kann kein Wort Englisch lesen, sprechen oder schreiben" bis hin zu "ich kann mich über sämtliche Themen sehr gut unterhalten". Dazwischen gab es natürlich auch alles. Deshalb mussten wir für einige Kinder immer extra Übungsblätter vorbereiten, die wir ihnen dann in der Stunde aushändigen konnten. Nebenbei konnten wir dann einen halbwegs normalen Unterricht halten. Wie unglaublich viel Zeit das Vor- und Nachbereiten in Anspruch nimmt kann man sich vermutlich sehr gut vorstellen. Zwei Stunden Vorbereitungszeit sind da einfach nichts!

Danach sind wir um 6:45 zur Morning Exercise und Meditation runtergegangen. Eigentlich hätten die Mädls schon um 6:00 aufstehen sollen, da aber sozusagen Ferien waren, mussten wir sie dann erst aus den Betten schmeißen. Wirklich motiviert waren sie nicht für den Morgensport und schon recht nicht für die Meditation. Wir haben versucht immer etwas Abwechslung reinzubringen und auch des Öfteren einen Massagekreis oder andere Massageaktivitäten miteinzubinden. Dies kam mit Abstand am besten bei ihnen an!
Danach standen Morningjobs auf den Plan und wir teilten ihnen das Frühstück aus. Anschließend sind wir noch einmal schnell nach oben gehuscht und haben den letzten Feinschliff an unserer Stunde vorgenommen. Dann begannen auch schon die Classes, welche sich über den gesamten Vormittag zogen. Wir hatten drei Gruppen, die rotierten. Der zu unterrichtende Stoff blieb für uns dabei am Tag immer der selbe. Nach dem Unterricht haben wir erneut die Zeit bis zum Mittagessen genützt, um alle Hausaufgaben zu verbessern. An dieser Stelle möchte ich mich bei all meinen Professoren bedanken, da mir erst jetzt so richtig bewusst wird, wie unglaublich viel Papierkram auf einen zukommt, wenn man unterrichtet. Den Überblick verliert man da schnell einmal bei hunderttausend Zetteln!

Nach dem Mittagessen stand entweder TV, schlafen, relaxen oder spielen am Programm. Da im Summer Camp zum einen das 25-jährige Jubiläum eines Fathers aus dem Projekt in Ramanthapur und der Geburtstag unserer Hauptsister anstand, trainierten die Mädchen fast täglich einige Stunden an verschiedenen Tanzchoreografien. Am Abend so gegen 17:00 haben wir dann eigentlich täglich eine größere Competition oder ein Spiel geplant gehabt: Dance Competiton, Zeichen Competiton, Springschnur Competition, ein Bucket Game, Ashta Chamma Competition (ein sehr beliebtes und weit verbreitetes indisches Spiel) und vieles vieles mehr...

Massagekreis bei der 50 Task Challenge
Massagekreis bei der 50 Task Challenge
"Ashta Chamma" Competition
"Ashta Chamma" Competition
Schlafend stellen bei der 50 Task Challenge
Schlafend stellen bei der 50 Task Challenge

Nach dem großen Programmpunkt wurde dann wieder getanzt, gespielt oder einfach nur gechillt und gequatscht. Um 20:00 gab es dann Abendessen und um etwa 21:30 konnten wir wohlverdient ins Zimmer gehen. Für uns stand dann aber immer noch nicht Feierabend am Programm. Ich schrieb wie jeden Abend in mein Tagebuch, wir fingen mit der Stundenplanung an, sammelten Ideen für Spiele oder räumten unser Zimmer zusammen. Meist habe ich dann noch mit Familie, Freunden oder meinem Freund telefoniert - so wurde es meist auch mal 1:00 in der Früh bis ich dann wirklich geschlafen habe.

Am Wochenende war unser Timetable etwas anders. Der Samstagvormittag blieb gleich, aber am Nachmittag und am Sonntag wurde immer ein großes Event geplant: Treasurehunt, 50 Task Challenge, Waterballoon Game, Parcour Game, eine Osternesterl suche, und noch andere Ideen haben wir umgesetzt. Der Sonntag war generell ein Tag zum Relaxen. Die Kinder und auch wir haben etwas länger geschlafen - also bis um 7:00 haha - wir haben unsere Wäsche gewaschen und sonst einfach den Tag ruhig vorübergehen lassen. Am Sonntag dürfen die Kinder planmäßig immer fernsehen und das haben sie sehr genossen!

eine zerrissene Treasure Map zusammensetzen
eine zerrissene Treasure Map zusammensetzen
Sprite als Preis beim Bucket Game
Sprite als Preis beim Bucket Game

Wie waren die Tage für mich auf emotionaler Ebene?

Naja, recht unterschiedlich. Grundsätzlich, wie ich oben schon geschrieben habe und man vielleicht auch rauslesen kann, haben wir sehr viel geplant und uns auch sehr viele Gedanken gemacht. Deshalb war ich die gesamte Zeit im Mädchenprojekt etwas enttäuscht, da kaum etwas von den Kindern zurückgekommen ist. Da der TV nach dem Mittagessen täglich eingeschalten war, wurde es für uns zu einer echten Herausforderung, die Mädchen davon loszubekommen und sie zu motivieren. Hatten wir sie dann einmal auf unserer Seite, so vergingen locker 20 Minuten in denen nur geschriene, geschlagen und diskutiert wurde, wer denn nicht in welchem Team mit welcher Person ist. Oftmals haben Kinder dann geweint, sind davon gelaufen oder haben nicht mehr mit uns gespielt, weil sie nicht in ihrer Wunschgruppe sein konnten. Wir haben echt verschiedenste Strategien ausprobiert, wie wir diesem Problem aus dem Weg gehen konnten. Bis zum Schluss haben wir jedoch nichts passendes gefunden und uns mehr oder weniger einfach mit der Situation abgefunden. Dennoch brachte dieser Wirbel am Anfang und auch während den Spielen immer so viel negativer Stimmung rein, dass von Tag zu Tag immer weniger Kinder mitmachen wollten und die Sisters teilweise die Spiele abbrechen wollten. Für mich persönlich war diese Erfahrung täglich immer sehr belastend! Man lässt sich mega viel einfallen, steckt viel Energie rein, kauft coole Preise und freut sich darauf und nach wenigen Minuten eskaliert es wieder so sehr, dass der Großteil richtig schlecht drauf ist.

Zusätzlich hatten wir mit den Sisters kleine Schwierigkeiten, da wir ihren lauten und teilweise auch gewaltvollen Umgang mit den Kindern alles andere als gutheißen konnten. Die Stimmung zwischen uns und den Sisters war schleichend bereits Wochen zuvor schlechter geworden. Dass hier nicht immer der passende Umgangston angeschlagen wird und die Erziehungsmaßnahmen für uns teilweise schwer nachvollziebar sind, machte unser Zusammenleben mit den Sisters meist sehr schwer.

Für mich war es einfach eine sehr intensive Zeit hier. Auf so engem Raum mit den Sisters zu leben, zu spüren, dass man irgendwie nicht so wirklich erwünscht ist und auch bei den Kindern oftmals nicht so ankommt wie man es sich erhofft, hat mich selbst sehr mitgenommen. Meine Motivation wurde von Tag zu Tag immer weniger...

Ein kleiner Lichtblick für mich war, dass ich wusste, dass ich zum einen nicht schuld war an der schlechten und unmotivierten Stimmung im Projekt und dass wir nach dem Summer Camp in unser eigentliches Projekt nach Ramanthapur wechseln würde. So kam es dann auch und ich bin nun seit gestern in meinem neuen Projekt.
Ich möchte hier anmerken, dass es definitiv nicht den Anschein erwecken soll, dass alles total negativ war, aber ich möchte offen darüber schreiben, wie eben meine Erfahrungen sind und wie es mir ergeht. Natürlich hat es nicht nur schlechte Momente gegeben! Es waren auch einige super positive Erlebnisse dabei! Nur überwiegten momentan eben die negativen und es staut sich mit der Zeit einfach einiges zusammen, was dann im Endeffekt zu einem großen schlechten Gefühl führt.
Ich weiß aber auch, wenn ich nun ein wenig Abstand von dieser Zeit gewinne, dass ich sicherlich viel positiver darüber denken kann und mich viele Dinge nicht mehr so belasten und sauer machen.
Generell bin ich dennoch sehr zufrieden, da ich selbst an mir einige Veränderungen wahrgenommen habe: ich habe mir selbst bewiesen, dass ich auch in echt schwierigen Zeiten nicht aufgeben und mich immer wieder motivieren kann. Ich habe bemerkt, dass ich unglaublich kreativ sein kann und auch in größeren Gruppen nicht untergehe. Ich habe verschiedenste Strategien entwickelt und habe wertvolle Erfahrung beim Unterrichten gesammelt. Ich bin nun viel flexibler und kann spontan große Spiele anleiten und unterrichten. Für mich ist es kein so großes Problem mehr, wenn ich mich vor einer großen Gruppe zum Affen machen muss und auch persönliche Kritik geht mir nicht mehr ganz so nahe.

...ich habe einfach das Gefühl, als hätten mich diese schwierigen und harten Wochen näher zu mir selbst und meinen Talenten geführt. Ich habe mich weiterentwickelt und das ist ja doch irgendwie auch zum Teil der Sinn von diesem Jahr, oder?

Shravanti beim Ukulele spielen
Shravanti beim Ukulele spielen
Balloon Game
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